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Grußworte - Institut für Informatik

Gern nehme ich die Gelegenheit wahr, meinen Eindruck von der Vision von Herrn Prof. Dr. Giere zu vermitteln, dem dieses Symposium gewidmet ist. Für einen Newcomer im Bereich der Medizin, wie ich es bin, ist das Leitmotiv auf den ersten Blick ernüchternd: Sprache, Codes für Krankheiten und Operationen: Wo bleibt da der allumfassende Anspruch, Menschen zu heilen und Wunder zu vollbringen? Beim näheren Kennenlernen der Problematik und des Umfelds aber erschließt sich einem erst der eigentliche Wert der Vision von Prof. Giere, die Medizin informationstechnisch zu unterstützen. In der Medizin scheint es viel Einzelwissen, viele „Schulen“ zu geben. Alle Versuche, die Diagnose und Behandlung von Patienten auf eine für alle verbindliche, wissenschaftliche Basis zu stellen, wie dies etwa von der „evidence based medicine“ versucht wird, haben bisher aus der Sicht Außenstehender nicht die überzeugende Allgemeingültigkeit erreicht.

Vor diesem Hintergrund eines zähen Fortschritts sind die Bemühungen von Herrn Prof. Dr. Giere, zuerst eine einheitliche, möglichst international abgesicherte Terminologie für eine zuverlässige Dokumentation einzuführen, als eine notwendige Basis für epidemiologische Studien anzusehen. Schon 1968, als viele Ärzte mit dem Wort „Computer“ nur ansatzweise visionäre Vorstellungen verbanden, versuchte er durch die automatische Arztbrieferstellung aus der elektronischen Patientenakte nicht nur das Leben der Ärzte leichter zu machen, sondern auch die Dokumentation zu verbessern. Seitdem hat er dies in einer Vielzahl von Projekten vorangetrieben und in vielen nationalen und internationalen Normungsgremien mitgearbeitet. Dabei engagierte er sich für die Medizininformatik auf allen Gebieten: Er half im Gründungsfachbereichsrat mit, die Informatik an der Universität Frankfurt zu etablieren, brachte seit 1984 das Nebenfach Medizin den Informatikern näher und führte den Diagnosecode International statistcal Classification of Diseases ICD10 und den Prozedurenschlüssel OPS in Frankfurt ein. In neuen, internationalen Projekten wie MuchMore engagierte er sich, um Mechanismen zu erforschen, Wissen aus Konzepthierarchien wie ICD, MESH, UMLS als medizinisches Domänenwissen zu nutzen und Dokumentensammlungen in den Dokumentationsprozeß einzubinden.

Es ist – wie derzeitige Anstrengungen auch im Zusammenhang mit dem semantic web zeigen – sehr schwer, für Wissenschaftsdisziplinen maschinenverarbeitbare Ontologien international zu standardisieren. Dies trifft wohl auch auf die Medizin zu. Die Tatsache, dass die Patientendokumentation mit ICD10 und OPS inzwischen in allen Krankenhäusern vorgeschrieben ist, ist sicher auch auf den Kostendruck im Gesundheitswesen und damit auf die Notwendigkeit einer rationalen, nachprüfbaren (und damit ab-rechen-ba-ren) Patienten-behand-lung zurückzuführen. Aber ohne die Bemühungen, einen solchen Standard aufzubauen und seine Wirksamkeit nachzuweisen, wäre dies sicher nicht möglich gewesen. So ruhen die Erwartungen an die medizinische Informatik zur sauberen statistischen Evaluierung der Behandlungsmethoden, wie sie auch von Seiten der Medizin gefordert werden, auf der automatischen Analyse der elektronischen Patientenakten und damit auf normierten, wohldefinierten Begriffen und Termini – eine Vision, die ohne Pioniere der Medizininformatik wie Prof. Giere gar nicht möglich wäre. Die Informatik unterstützt deshalb auch in der Zukunft alle Bemühungen, durch Kooperationen mit der Medizin neue Wege zu gehen und mit informationstechnischen Mitteln den Ärzten Diagnose und Behandlung zu erleichtern.

Ich wünsche allen Teilnehmern ein gutes Gelingen des Symposiums und eine erfolgreiche Arbeit

PD Dr. Rüdiger Brause
Institut für Informatik
J.W.Goethe-Universität Frankfurt

 

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